Pause bei einer Buchrezension, 2. Frühstück. Vor mir liegt „Christ & Welt“, eine Beilage zur Wochenzeitung „Die Zeit“, gestern gekommen. Titelthema: Soll man Kinder christlich erziehen, soll man sie in der Kirche beheimaten, obwohl man so seine Zweifel hat? Ist das überhaupt kindgemäß?

Ja, sagt der Autor Johannes Schneider, der sich selbst für „kein Vorbild im Glauben“ hält. Es greife zu kurz, wenn man die Erfahrungen im Kindergottesdienst einfach nur als einen Rückzug in einen Schutzraum vor der bösen und anstrengenden Welt sehen würde.

Und wie er das entfaltet! Ich sitze da und fange an zu lachen, zu gut sind die sprachlichen Bilder: „Dass Kinder, die den kleinen Eisbären nicht ertragen, weil die Frage nach dem Verbleib seiner Eltern nie geklärt wird, die Geschichte von Moses im Schilf lieben, ergibt keinen Sinn, sollte es nur um Rückzug und Behaglichkeit gehen.“ Ja, ich erinnere mich an den wohligen Schauer, als ich zum ersten Mal von der Kreuzigung hörte. Und meine Mutter die Geschichte in ihrer alten Sütterlin-Bibel nicht finden konnte.

Nein, das ist wirklich kein „Ausgleichs-Bullerbü“. Hier finden wir „Daniel in der Löwengrube statt Schlafen im Heu.“ Der kleine Eisbär Lars dagegen lebt in unserer eigenen Welt und die sei „beruhigt und mittelmäßig.“

Während sonst alles in unserer Gesellschaft an unsere Lebenswelten, Milieus, Stile, Präferenzen usw. angepasst wird, beschreibt christlicher Glaube „eine Gegenwelt, die nicht nur grausamer, sondern auch größer, feierlicher und älter ist als alles, was sich die Kinder sonst vorstellen können.“ Und nicht nur Kinder! (Hoffentlich!) Glaube und Kirche repräsentieren „Wirklichkeiten, die das Archaische bei aller freundlichen Zugewandtheit doch nicht ganz loswerden.“

Machts diese Mischung?

Kirchenaustritte:
je dunkler, desto mehr

Ich lasse meinen Kaffee für einen Moment stehen und hole mir das Magazin der Süddeutschen Zeitung“, ebenfalls von gestern. Die wöchentliche Grafik „Deutschlandkarte“ hat diesmal das Thema „Kirchenaustritte“. Und siehe da, meine Kirche seht vergleichsweise nicht schlecht da: 0,51% der Mitglieder sind in den letzten 10 Jahren ausgetreten. Vergleichsweise gut, weil es woanders schlimmer ist. Und man kann auch nicht sagen: Na ja, wer austreten wollte, hat das vielleicht in den letzten Jahren schon gemacht, jetzt sind halt nicht mehr viele übrig.“ Ein Vergleich mit entkirchlichten Gebieten im Osten belehrt eines Besseren.

Mein Eindruck: Nicht die Austrittszahlen sind das Problem. Das ist eher der demografische Wandel. Aber wenn es nicht gelingt, die nachkommenden Generationen auf diese „Nicht-Bullerbü-Welt“ zu verweisen, dann kommen Probleme auf. Eine einfache Milieuorientierung reicht dazu nicht – das gibt es schon genug. „Das Archaische bei aller freundlichen Zugewandtheit“ werden wir nicht los. Und sollten es auch gar nicht!

Die Mischung macht´s! Der Autor erinnert sich an „die herzliche Pfarrerin in der halb leeren Kirche“ oder an den „sympathischen Mangel an Perfektion“ (wenn er wirklich „sympathisch“ ist und nicht einfach nur liederlich oder nervend!). Vielleicht bietet auch die beginnende Vorweihnachtszeit gute Möglichkeiten für eine solche Mischung. Denn diese grandiose Geschichte verbindet uns doch mit dieser nicht fassbaren, größeren Wirklichkeit – – wenn man sich allzu heimelig und gemütlich daherkommt!

 

 

Mit diesen Gedanken geht dann auch meine Pause zu Ende. Also:

Kaffee austrinken, ein paar Fotos machen und zurück zur Buchrenzension!