Da stehen wir also jetzt vor der verschlossenen Kirchentür. Eigentlich hat man uns zugesagt, dass ab mittags jemand dort wäre. Drinnen steht noch ein Instrument, das wir abholen wollten. Gestern war nach dem Konzert keine Gelegenheit dazu. Und jetzt – na ja, ärgerlich. Kann aber passieren. Missverständnis. Oder irgend etwas ist schief gelaufen.
Es ist ja Weihnachtsmarkt und wir beschließen eine Bratwurst zu essen und dann nochmal nachzuschauen. Während ich mir die Thüringer mit Senf schmecken lasse, denke ich nochmal nach: Nein, die abgeschlossene Kirche ist nicht nur ärgerlich, das ist schon fahrlässig. Da findet an diesem Wochenende ein richtig gut besuchter Weihnachtsmarkt im Ort statt. Die Kiche steht mitten zwischen den Buden. Aber sie ist zu! Abgeschlossen. Geöffnet wird sie nur für die Programmpunkte, die die Ortsgemeinde zum Weihnachtsmarkt beisteuert.
Ich sehe auf diesem Weihnachtsmarkt viele engagierte Ehrenamtliche, die sich einbringen, das Programm gestalten. 3 Tage lang die Buden besetzen, etwas Selbstgemachtes anbieten, ins Gespräch kommen. Aber die Kirche? Fehlanzeige! Was für eine vertane Chance!
So überlässt man Weihnachten kampflos anderen. Der Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder von der Universität Regensburg nennt es eine „Karnevalisierung der Tradition„, wenn ganze Besuchergruppen mit roten Mützen umherziehen oder – wie ich dem Programm entnehme – sogar eine Karnevalstanzgruppe auftritt. Dass Weihnachten und Karneval gar nicht so weit auseinanderliegen, schrieb dann auch die Lokalpresse. Weihnachten wird zum Bestandteil der globalen Event-Gesellschaft, Performatives ist hier wichtig.
Dabei hat so ein Weihnachtsmarkt – im Unterschied zur Kirmes oder zu Karneval – doch einen ganz eigenen Zauber. „Auf dem Weihnachtsmarkt werden die Menschen in eine eigene Welt mit Düften, Klängen und einer besonderen Deko entführt„, schrieb der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Schaustellerbunds, Frank Hakelberg.
Was für eine Chance für die Kirchen, hier ganz eigene Akzente zu setzen! Die Kirchenräume als Gegenorte. In der dunklen Adventszeit zumal! Eine Kirche, nur von Kerzenlicht erleuchtet, alle Eindrücke reduziert, konzentriert – das ist etwas anders als unsere Event- und Kosumkultur. Und dann vielleicht Menschen, die dort warten, für Gespräche bereitstehen. Das Ganze als Hinweis auf das Andere, für das Kirchen und Glauben stehen. Eine Begegnung mit dem Heiligen vielleicht sogar…
Dass man diese Chance nicht nutzt! Vor allem, wenn dies alles praktisch vor die eigene Tür gelegt wird. Und man sie nur aufmachen müsste …
Schade.
Unser Instrument haben wir dann am nächsten Tag abholen können.
20. Dezember 2018 um 16:29 Uhr
Was du vergisst: Kirche als Unternehmen und Diebstleister ist Teil dieder Eventkultur.
Es ist Kirche im Kapitalismus und da stört sie nicht das Geschäft der Weignachtsmärkte.
Unsere Gottesdienste sind ja auch zielgruppenorientiert und frönen der Eventkultur .
Spiritualität,Ruhe,der Hinweis auf Gott als den ganz Anderen,das ist hinten rübergefallen solange sich unsere Kirchenoberen von Marketingagebturen beraten lassen.
Gott lässt sich schlecht vermarkten und Erfolg ist nicht die Botschaft Jesu.Deshalb ist die Kirche geschlossen.
Sie will keine Konkurrenz für das Geschäft darstellen.
Da lobe ich mir so manche kleine katholische offene Kapelle oder die Klöster.
20. Dezember 2018 um 16:55 Uhr
Das ist mir jetzt nicht so richig klar: Ist die Kirche jetzt auch „kapitalistischer Dienstleister“? Dann hätte sie ihr Geschäft schlecht gemacht. Kann oder soll sie „keine Konurrenz für Geschäfte darstellen“?
Aber egal: diese Kirche war nicht aus kapitalismuskritischen oder anderen Gründen geschlossen, sondern schlichtweg, weil es niemand dort für ausreichend wichtig gefunden hat, sich zu engagieren. Der Markt selber übrigens war alles andere als kapitalistisch: alle Einnahmen wurden einem guten Zweck gespendet.