„Unsere Regierungen fördern die Panik um das COVID-19-Virus, um persönliche Freiheitsrechte zu beschneiden!“

Die Corona-Krise spült eine Menge Verschwörungstheorien an die Oberfläche. Manches klingt ein bisschen schräg und wirr, aber: Ist das alles nicht eigentlich harmlos? Was ist denn daran schlimm, wenn Menschen behaupten, die Mondlandung sei nur in einem Fernsehstudio inszeniert worden? Oder die Kondensstreifen am Himmel seien die Rückstände chemischer Produkte, die unsere Gehirne verändern? Und die Barcodes zum Scannen von Produkten im Einzelhandel würden negative Energie an die Konsument*innen weitergeben? Die Stadt Bielefeld gäbe es gar nicht?

Eine Gefahr zumindest zeigen die aktuellen Corona-Verschwörungstheorien sehr deutlich: Wer das glaubt, verhält sich falsch, beachtet z.B. keine Sicherheitsgebote (okay: Das machen auch andere: den vielen Party Feiernden sind solche Verschwörungstheorien egal). Es sei ja alles nur Panikmache.

Aber noch in anderer Hinsicht sind Verschwörungstheorien gefährlich: Sie sind darauf angelegt, das Vertrauen in etablierte und gut funktionierende Institutionen und Prozesse grundsätzlich zu untergraben. Sinnvolle Regierungsmaßnahmen und gut begründete und transparente Verlautbarungen werden dann plötzlich als getarnte Machenschaften für finstere Ziele umgedeutet. Ihnen dürfe man nicht glauben, ihren Anweisungen nicht folgen.

Unsere Gesellschaft, so fehlerhaft und kritikwürdig sie auch sein mag, ist durch Verschwörungsdenken bedroht. Unverantwortlich ist es, wenn selbsternannte Experten unbestreitbare Tatsachen mit Fake news vermischen und damit einen gefährlichen Brei anrühren.

Es ist natürlich verständlich, wenn Menschen angesichts von Unsicherheit und Bedrohung angesichts komplexer gesellschaftlicher Zusammenhänge eindeutige Zuordnungen von gut und böse suchen. Das verspricht Klarheit und damit Sicherheit. Und außerdem eröffnet es die Möglichkeit, aktiv etwas tun zu können – im harmlosen Fall durch das Verbreiten des angeblichen „Geheimwissens“. Im schlimmen Fall durch Gewalt, wie Hanau gezeigt hat.

In der Weltanschauungsarbeit sind wir mit unterschiedlichen Verschwörungstheorien konfrontiert. Und stehen oft vor dem Problem, dass es ja tatsächlich konspirative illegitime Absprachen – also reale Verschwörungen – gegeben hat und weiter gibt wie z.B. die NSA-Abhöraffäre oder die Manipulations-Software an Dieselmotoren. Abgrenzungen zwischen tatsächlichen Verschwörungen und bloßen Verschwörungstheorien sind schwierig. Bestenfalls kann man darauf hinweisen, dass echte Verschwörungen zeitlich, räumlich und personell begrenzt sind: Wie wahrscheinlich ist es, dass Tausende von NASA-Angestellten über Jahrzehnte nichts über den angeblichen Moon-Hoax erzählen würden?

Im geschlossenen Weltbild einer Verschwörungstheorie ist keinen Platz für kritische Gegenargumente. Sie werden nur als Beweis für die Macht der Verschwörer und damit für die Richtigkeit ihrer eigenen Weltsicht angesehen. Verschwörungstheorien sind selbstimmunisierend. Diskussionen mit ihren Vertrer*innen bringen in der Regal nichts.

Ein Selbsttest: Halte ich diese Verschwörung für real?

Mit Menschen aber, die unschlüssig sind, manchen Aspekten einer Verschwörungstheorie durchaus zugewandt, kann man auch Einzelaspekte diskutieren und sie auf Unwahrscheinlichkeiten hinweisen, z.B. auf Umfang, Reichweite und Effektivität einer Verschwörung, die in der Realität kaum möglich wären. Auch die Frage: „Wem würde es nutzen?“ kann zu kritischer Selbstreflexion führen.

Wiederholt man aber ihre Argumente, verfestigt man nur deren Denken. Daher: auf keinen Fall solche Posts teilen und verteilen!

Von außen betrachtet hat natürlich auch der christliche Glaube eine Nähe zu solch einem Verschwörungsdenken. Zwei bemerkenswerte Unterschiede möchte ich aber doch ins Feld führen: Wir glauben nicht an einen Gott als finsteren „Verschwörer“ mit dunklen Zielen, sondern an einer Gegenüber, das sich uns zeigt und das ein gutes Ziel mit uns und seiner Schöpfung im Sinn hat. Und als Zweites: Der Glaube an diesen Gott erklärt nicht alle Fragen restlos, so wie es Verschwörungstheorien machen, die auf alle relevanten Details immer eine klare Antwort haben und alles für zielgerichtet und gesteuert halten. Menschliche Freiheit hat dabei keinen Raum. Als Christ*innen können wir diesem Gott vertrauen und ihm auch ungelöste und ungeklärte Fragen bringen. Auch die nach dem Zusammenhang von Gott und COVID-19.