Heute habe ich wieder eine Luther-Figur ausgepackt und auf meinen Schreibtisch auf den Bildschirmfuß gestellt. Zusammen mit drei Kollegen tritt er da auf, die Bibel in der einen, die Schreibfeder in der anderen Hand.
Es hat sich eine Menge angesammelt, nicht nur bei mir an Lutherfiguren, sondern insgesamt in diesem Reformationsjubiläumsjahr. Eine Weltausstellung, ein europäischer Stationenweg, 6 Kirchentage auf dem Weg, der Wittenberger Abschluss des Berliner Kirchentages, ein dreifacher Luther-Effekt, ein Pop-Oratorium, eine neue Lutherbibel und vieles, vieles mehr. Am 31.10 haben wir dann noch einfach frei – und dann ist Schluss mit Luther!
Endlich, oder? Ich bin so ein bisschen hin- und hergerissen. Klar, es war manchmal etwas viel und nicht selten auch etwas einseitig. Ausführliche historische Einblicke und manchmal etwas schnelle Vergegenwärtigungen. Aber: Auch in meinem Arbeitsfeld der Sekten- und Weltanschauungsfragen begegnete mir der Reformator immer wieder. Und ich habe ihn kennengelernt als jemanden, der mir eine gute Perspektive ermöglicht auf die religiöse und weltanschauliche Pluralität unserer Zeit. Wir Menschen haben in Gott ein Gegenüber, das uns wertschätzt und uns liebt. Und der selbst die vielen Bruchstücke unseres Lebens zu etwas Ganzem und Heilem machen will. Das schützt mich gegen alle dubiosen Angebote auf dem Markt der Weltanschauungen. Jesus Christus genügt. Seine Gnade genügt. Das schützt mich davor, mir das alles aus eigener Anstrengung „verdienen“ zu wollen. Darauf kann ich vertrauen. Und in der Bibel finde ich das alles wieder.
Schluss mit Luther – aber die nach ihm benannte Bibel, die neue 2017er, bleibt mir. Sie ist jetzt meine Bibel geworden, ich mag ihre Sprache, ihre Kraft. Und ich mag es, wenn Menschen sich intensiv um diesen Text bemüht haben.
Auch meine 4 Luthers bleiben erst mal da stehen!
Und diese seltsame Gestalt daneben? Was hat sie damit zu tun?
Nun, vielleicht genauso viel wie Luther-Socken, Luther-Kekse, Luther-Bonbons, Luther-Schwimm-Enten oder Luther-Schlüsselanhänger mit Einkaufswagen-Chip. Ein Metal-Bassist, mitgebracht aus dem Urlaub. Bei näherem Betrachten ist das gar nicht so weit von Luther weg. Upcycling nennt man das, was hier gemacht wurde: aus scheinbarem Abfall, aus Nutzlosem wird Neuwertiges gemacht. Ein treffendes Bild für Luthers Grundgedanken. Und vielleicht nicht ganz unpassend, wenn man sich an Luthers manchmal sehr drastischen Humor erinnert, besonders wenn es um den Tod geht.
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