Auf dem Weg durch die Dortmunder Innenstadt höre ich sie schon von weitem. Mitten auf dem Friedensplatz steht ein kleiner Bus, Plakate werben für Staatenlosigkeit, unsere Staatform sei eine Diktatur. Der Mann mit dem Mikrofon erzählt reichlich wirres Zeug, ich gebe es schnell auf, dem folgen zu wollen. Einige wenige Gelbwesten stehen daneben. Sonst – wie ich – nur vereinzelte Passanten. Die sind schon seit Wochen hier, merkt einer leicht amüsiert an.
Einige Begriffe aus der Mottenkiste reichsbürgerlichen Verschwörungsdenkens dringen an mein Ohr. „Der WDR schaut schon ganz komisch“, sagt der Redner jetzt. Tatsächlich stehen da Reporter mit einer professionellen Kamera. Sie scheinen aber auch die einzigen zu sein, die den Ausführungen folgen.
Das Ganze ist so skurril, dass es fast nach einer Produktion
des in der Nähe befindlichen Dortmunder Theaters aussieht.
Gut, dass sonst niemand davon Notiz nimmt. Nicht die reichlich skurrilen Gedankengebäude von Reichsbürgerbewegungen sind ja das Hauptproblem. Reichsbürger sind vor allem „narzisstisch, mitunter verschroben und überwiegend penetrant“, wie es Sachsen-Anhalts Verfassungsschutzchef Jochen Hollmann formulierte. So erlebe ich das auch hier. Aber die Verbreitung von absurden Verschwörungstheorien macht natürlich unser Zusammenleben schwieriger. Der WDR hat von dieser Veranstaltung noch nichts gesendet – Zeichen für böswillige Unterdrückung von Informationen!! Oder vielleicht doch damit begründet, dass diese ganze Veranstaltung keine Resonanz gefunden hat? Wenn der Redner sagt, ihm sei ein gesendeter „Reichsbürgerbericht s… egal“, klingt es wie Pfeifen im Wald. Denn es bleiben nur die selbstproduzierten Videos, die ich später im Netz gefunden habe. Und hier meine Bilder, die den weitgehend leeren Platz zeigen! Aber das sind dann ja sicherlich fake news.
Nein, mit Sachargumenten kann man hier nichts ausrichten. Besser wäre es, an die Ursachen heranzugehen. Reichsbürgerliches – wie Verschwörungsdenken überhaupt – halte ich für eine Folge von Vertrauensverlusten, verursacht durch Ohnmachtsgefühle angesichts gesellschaftlicher Entwicklungen. Wenn ich bedenke, dass christlicher Glaube vor allem etwas mit einem Vertrauen auf Gott zu tun hat, mit dem Vertrauen, dass ein „guter“ Grund alles trägt und nicht eine finstere Verschwörung, möchte ich das gerne in solche Begegnungen miteinfließen lassen.
Am Abend in Dortmund ging es aber nicht um Dialog, sondern um die penetrante Behauptung von fakes. Zum Glück, wie gesagt, ohne Resonanz.
Und bei der Gelegenheit noch ein eigener Werbeblock: Auf dem Dortmunder Kirchentag machen wir am Freitag vormittag (24.Juni) im Zentrum Weltanschauungen ein interaktives „Entschwörungstraining“.
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