Erfolgreiche Kinderlieder in meiner Kindheit zeichneten sich eigentlich selten durch besondere Einfühlsamkeit aus. Ob man mit der „Pest an Bord vor Madagaskar lag“oder die Details eines „Negeraufstands in Kuba“ beobachtete – die krasse Sprache (und politische Unkorrektheit) habe ich noch gut in Erinnerung. Und hatte mir als Kind Spaß gemacht!

Das gilt auch für die im Hühnerstall Motorrad fahrende Oma. Die hatte damals unter anderem „’nen Bandwurm, der gibt Pfötchen“. Im Zeitalter der Klimadebatten wurden in einer WDR-Produktion daraus nun SUV, Billigfleisch und Kreuzfahrten.

Sicherlich: Die Klimadebatte hat in diesem Jahr eine ungeheure Dynamik entwickelt. Ausgelöst durch einen wahren Hype um Greta Thurnberg und die Fridays for Future. Radikale, manchmal über das Ziel hinausschießende und manchmal ungerechte Forderungen und Kommentare wurden laut. Es gibt ja alles: Ältere, die schon aus wirtschaftlichen Gründen sparsam und nachhaltig lebten, junge Menschen mit großem Respekt vor der Umwelt. Ebenso wie 50jährige mit dicken Autos und Steaks und 18jährige, die ihre nächste Flugreise geplant, ihr eigenes Auto und stromfressende technische Gimmicks nutzen.

Immer schon waren radikale Aktionen und Thesen notwendig, damit ein Problem ins öffentliche Bewusstsein kommt. Im Zeitalter digitaler Vernetzung ist entsprechend das Aufregungs-Potential gesteigert. In einem zweiten Schritt steht dann die Feinarbeit an: Wie können wir das als richtig Erkannte in kleine alltagstaugliche Schritte umsetzen?

Die „alte Umweltsau“ in der WDR-Produktion provozierte geradezu hysterischen Reaktion in BILD, Politik und beim verantwortlichen WDR. Das Lied hat einen Nerv getroffen.

Ich finde das gut. (wenn auch nicht alle Details und sprachlichen Formulierungen). Zum einen zeigt es an, dass wir darüber noch weiter debattieren müssen. Zum anderen zeigt es auch Grenzen und Grenzüberschreitungen an. Denn der genannte zweite Schritt müsste ja jetzt sein, die – vermeintlichen? – Verursacher statt zu beschimpfen sie mitzunehmen und gangbare konkrete Wege aufzuzeigen. Hysterie und Provokationen sind kein Weg dahin – auch wenn sie zunächst Aufmerksamkeit generieren.

Der zweite Schritt müsste eine sachliche, fachbezogene Debatte über solche Wege und Schritte sein.

Dabei finde ich es wirklich interessant, dass ein altes Thema der Kirchen wieder in den Mittelpunkt rückt: die Endzeit, hier: die Apokalyptik.

Kann es ein, dass in dem Maße, in dem die Kirchen sich endzeitlicher oder gar apokalyptischer Themen enthalten, diese jetzt sich neu Bahn brechen? Und das in einer Weise, die wenig Raum für Reflexionen oder überlegtes Abwägen bietet? Ursprünglich religiöse Themen wandern in andere Bereiche aus. Säkulare Themen werden religiö aufgeladen.

Im christlichen Glauben war endzeitlich-apokalyptische Denken immer von der Gewissheit bestimmt, dass Gott der Herr über die Weltgeschichte ist.

Diese Hoffnung enthebt nicht vor der Aufgabe, sich um die Welt zu kümmern. Sie und auch die kommenden Genrationen sind gute Schöpfung Gottes. Das sollten wir auch in der Klimadebatte in Erinnerung behalten (oder rufen). Und das gilt auch für das neue Jahrzehnt.

In diesem Sinne ein frohes neues 2020!