Einen kurzen Moment dachte ich: Satire! Als ich das Posting der Kriminalpsychologin Lydia Benecke las: Das neue Sozialgesetzbuch trägt nicht die Nummer 13, wie es der Reihenfolge entsprechen würde, sondern bekommt die 14.

Wow!

Realsatire? Ist das vielleicht auch die heimliche Begründung für die Abschaffung der 13. Monatsgehälter? Aber was haben sich die Bildungspolitiker eigentlich gedacht, als sie wieder zum G9-Abitur zurückgingen? Denn das bedeutet doch. … genau, 13 Schuljahre! Bloß gut, dass unsere Kinder da gerade noch so durch sind! Zukünftig vermeide ich auch besser die 302875106592253 (13 hoch 13) und die 6227020800 (13!) – prüfen wir mal unsere IP-Adressen oder IBAN auf diese Zahlen hin …

OK, < Satiremodus aus>

Natürlich hat die 13 keinen guten Ruf. War es doch ausgerechnet der 13. Apollo-Flug (gestartet am 13. April um 13.13 Uhr CST-Ortszeit!), der fast in einer Katastrophe mündete. Und am 13. Mai 1927 kam es an der Berliner Börse zu jenem großen Crash, der als Vorbote der Weltwirtschaftskrise gesehen wird. Am 13. Januar 2012 lief das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia auf einen Felsen auf. Und die großen Komponisten Beethoven, Bruckner und Dvorak konnte alle keine 13. Symphonie vollenden … – ist es nicht verständlich, dass man die 13 vermeiden möchte?

Aber ob der Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil wirklich befürchtete, dass das Gesetzbuch schlimme Folge hat, wenn es als 13. veröffentlicht wird? Oder dass dann die Akzeptanz in der Bevölkerung leiden würde?

Hoffentlich sind wir doch aufgeklärter als es der Minister vermutet!

Lydia Benecke sorgt für Aufklärung und Vernunftorientierung

In diese Richtung kommentierte auch Lydia Benecke: „Man könnte meinen, im Jahr 2019 seien Menschen aufgeklärt und vernunftorientiert…“ –Leider scheint das nicht immer der Fall zu sein. Es muss ja nicht gleich pathologisch werden und sich zu einer Triskaidekaphobie entwickeln (Wer das wie ich bislang noch nicht kannte: Das ist eine Phobie, also eine pathologische Angststörung, die sich an der Zahl 13, auf Griechisch treiskaídeka, entwickelt). Aber dieser Hang zum Irrationalen, zum Magischen scheint ja doch weiter verbreitet zu sein als wir es gerne hätten. Mir fällt da die absurde Geschichte ein, als im Sommer eine niedersächsische Straßenbehörde eine „Elfenbeauftragte“ gegen die Unfallhäufigkeit einsetzte. Nun ja …

Sind wir aufgeklärt oder müssen wir es erst noch werden?

Klar, wir können erklären, dass die 13 als Unglückzahl möglicherweise auf den 13. Oktober 1307 zurückgeht, an dem die Mitglieder des Templerordens eingekerkert wurden. Oder dass es sich hierbei um ein Überschreiten des harmonischen Zwölfersystems handle und das Christentum die Zwölf mit Vollkommenheit assoziierte. Oder dass in anderen Kulturen ganz andere Zahlen Unglück anziehen. Oder dass andere Katastrophen mit anderen Zahlen zusammenhingen. Und dass die Elfenbeauftragung nichts geändert habe.

Man kann Wunschdenken, Illusionen oder Selbsttäuschungen aufklären.

Aber mein Eindruck ist dabei: rein rationale Argumente reichen noch nicht aus. Wer magischen Denkmustern anhängt, versucht damit, Unbekanntes und Bedrohliches von sich fern zu halten. Der bloße Hinweis auf die falsche Verknüpfung von Ursachen und Wirkungen bekommt diese Angst nicht in den Griff.

Ich habe eher den Eindruck, dass mit Magie und Mantik – also mit solchen Zahlendeutungen wie mit Wahrsagerei, Astrologie, Tarotkarten und ähnlichen esoterischen Handlungen und Deutungen – ein schwieriger Umgang mit metaphysischen oder transzendenten Fragen gepflegt wird. Dabei werden sehr komplexe Zusammenhänge schnell auf „jenseitige“ Zusammenhänge geschoben, die nur besonders Eingeweihten zugänglich sind. Wer sich an diese Regeln halte, sei geschützt.

Eine aufgeklärte Religion, also ein Glaube, der vernünftigem Denken Raum gibt gegenüber einem magischen und darin auch selbstkritisch bleibt, kann ein gutes Mittel gegen diesen Unsinn sein. Wenn das Vertrauen auf einen Gott gestärkt wird, der die Welt und das Leben jedes Einzelnen in den Händen hält.

Ich würde es mit Luther halten, der auf eine astrologische Warnung hin, die Elbe an diesem Tag nicht im Boot zu überqueren, mit den Worten „Domini sumus“ in den Kahn gesprungen sein soll. Auf Deutsch: „Wir sind des Herrn“ oder auch „Wir sind Herren“. Beides gehört nach christlichem Verständnis zusammen: Wer Christus gehört, braucht andere Mächte nicht wirklich zu fürchten.

Wenn neben solchen biblisch-theologischen Kriterien auch konkrete Ängste benannt und seelsorgerlich bearbeitet werden können – und hier ist der Raum für rationale psychologische Kenntnisse! –, ist eine Menge gewonnen. Eine solche aufgeklärte Religiosität ist dann auch kein Rückfall in ein vorwissenschaftliches magisches Denken.

Ach so:

Natürlich weiß ich, dass Beethoven, Bruckner und Dvorak jeder nur an 9 Symphonien gearbeitet haben. Aber ist das nicht ein schönes Argument um zu zeigen, was man alles mit der Zahl 13 anstellen kann?