Das Wochenende steht vor der Tür. Wir wollen in den Osten der Republik, nach Leipzig. Meine Frau wünscht sich eine Stadtführung, ich will am Samstag zum Fußball ins Stadion, das Auswärtsteam unterstützen. Und am Sonntag ist Gottesdienst … zumindest zu Hause in unserer Heimatgemeinde. Das kennen wir, da fühlen wir uns wohl. Aber wie ist das, wenn wir unterwegs sind. Welche Gemeinde besuchen wir? Welche Veranstaltung „passt“ zu uns? Wie informieren wir uns im Vorfeld über die unterschiedlichen Angebote? Und – was „nehmen“ wir mit aus einem Gottesdienst in der Fremde?

Ein Blick zurück:
Vor einigen Wochen haben wir mit Freunden eine knapp dreiwöchige Rundreise durch die USA und Kanada gemacht. Wir haben einiges gesehen, viel Natur und große Städte, Baseball und Shopping Malls. Und an den Sonntagen habe ich mit amerikanischen Christen gemeinsam Gottesdienste gefeiert, an drei unterschiedlichen Orten in verschiedenen Gemeinden. Diese Besuche gehen mir nach, jeder einzelnen hat etwas in mir ausgelöst …

In dem kleinen Ort Littleton, am White Mountain National Forrest knapp 100 km südlich von Kanada, besuche ich Sonntagmorgen um 8.00 Uhr den Gottesdienst der „Faith Bibel Church“. Auf unserem Campingplatz finde ich im Vorfeld am schwarzen Brett eine Übersicht über die stattfindenden Gottesdienste im Ort. Ich entscheide mich für den frühsten Termin, weil später noch einige Stunden Fahrt vor uns liegen.
Ich treffe auf knapp 40-50 Leute in einem schon etwas in die Jahre gekommenen „Gemeindehaus“ und werde herzlich empfangen. Wir kommen ins Gespräch, und die Leute sind schnell begeistert als sie mitbekommen, dass ich aus Deutschland komme. Der Gottesdienst wird musikalisch von einer Band mittleren Alters begleitet, der Pastor spielt Keyboard, eine Orgel gibt es nicht. Die Texte werden per Beamer an die Leinwand projiziert. Die Predigt besteht aus einem knapp zwanzigminütigen Video, in dem jemand über Evangelisation spricht. Dies wird anschließend durch den Pastor darin ergänzt, dass er auf das kommende missionarische Kinderferienprogramm der Gemeinde hinweist. Nach dem Gottesdienst bekomme ich eine kleine Infomappe zur Gemeinde, mit dabei ein Johannesevangelium und ein kleines „40-Tage-Andachtsbuch“. Ich werde wieder herzlich verabschiedet, gleich zwei Leute können es nicht nehmen lassen für mich zu beten und mich zu segnen.

Der nächste Besuch eines Gottesdienstes führt mich nach Syracuse im Bundesstaat New York. Ich besuche die „North Central Church“, die Internetpräsenz hat mir Lust auf mehr gemacht. Und tatsächlich finde ich ein sehr modernes Gemeindezentrum, im Vorraum gibt es einen Infostand und die Möglichkeit in einer Lounge Kaffee zu trinken. Der Gottesdienstraum ist abgedunkelt, viel Technik, eine moderne junge Band macht Musik. Auf meinem Platz finde ich verschiedene Infos, u.a. ein QR-Code mit dem ich mir im offenen W-LAN direkt eine Bibel-App auf’s Smartphone runterladen könnte. In der Gemeinde findet gerade eine Themenreihe zu Römer 8 statt. Der Gottesdienst beginnt mit einer Lobpreis Zeit, danach wird Römer 8,18-25 ausgelegt. Der Prediger schließt mit der Frage: Was ist unsere Perspektive als Christ? Nach dem Gottesdienst bleiben viele Gemeindeglieder noch in der Lounge, allerdings kommt es zu keinem wirklichen Kontakt, so dass ich relativ schnell wieder in meiner Unterkunft bin.

In New York City besuchen wir dann noch den Abendgottesdienst der „Hillsong Church“. Mein Bekannter, Mitte zwanzig, freut sich schon seit Tagen darauf. Im Internet hat er Ort und Uhrzeit schnell gefunden. Wir fahren zum Hammerstein Ballroom, einem ehemaligen Ballsaal mitten in Manhatten, der rund 2000 Menschen Platz bietet. Die „Hillsong Church“ bietet dort jeden Sonntag vier Gottesdienste an. Wir kommen leicht verspätet und finden nur schwer einen Platz, viele junge Leute füllen den Raum. Die Musik und „Bühnenshow“ ist hochprofessionell und auch der Prediger hat die Besucher schnell auf seiner Seite. „I’m not scared!“ (Ich fürchte mich nicht!) ist sein Thema an diesem Abend. Dieser Satz hat sich eingeprägt, immer wieder wird er wiederholt und so öfter, so mehr sprechen und rufen die Besucher ihn mit: „I’m not scared!“ Nach dem Gottesdienst haben wir Redebedarf. Wir sind fasziniert von den vielen, jungen Leuten, der Musik und der Atmosphäre, haben aber auch das Gefühl an einer eher „oberflächlichen“ Veranstaltung teilgenommen zu haben.

… und so gehen mir diese einzelnen Gottesdienstbesuche nach: Darf und kann ich mir nach nur einem Besuch ein Urteil über die einzelnen Gemeinden machen? Bin ich zu kritisch? Was gefällt mir? Was stört mich? Und warum? Und doch geht es ja vielen anderen, die unsere Gottesdienste besuchen ähnlich. Wir bewerten Gottesdienste – und dies ist auch gut so. Darum lohnt es sich immer mal wieder auch über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen. Das Gute mitnehmen, das Kritische hinterfragen – und von anderen lernen. Das „nehme“ ich mit aus einem Gottesdienst in der Ferne.

Das Wochenende steht vor der Tür. Wir wollen in den Osten der Republik, nach Leipzig. Wir werden eine Stadtführung machen und ins Stadion gehen. Und am Sonntag ist Gottesdienst … wir werden spontan schauen, wo es hingeht und ob wir überhaupt etwas finden, das uns anspricht.
Am Sonntag ist Gottesdienst … und ein Besuch lohnt sich, ganz egal ob zu Hause oder in der Ferne. Probieren Sie es aus! 🙂